Videobotschaft von dem russischen Botschafter Sergej Netschajew zur Eröffnug der Ausstellung „Krieg und Frieden – Fotografien von Ewgenij Chaldej»
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Memoriums Nürnberger Prozesse,
Meine Damen und Herren,
Liebe Freunde,
Es ist mir еinе Freude und Ehre, an der Eröffnung dieser Ausstellung teilzunehmen, die einmalige Bilder des berühmtesten sowjetischen Fotografen Jewgenij Chaldej präsentiert.
Übеr diesen herausragenden Menschen mit einem ereignisreichen und faszinierenden Schicksal kann man nicht lange genug reden. Geboren 1917 in Jusowka (heute — Donezk), zeigte er sehr früh seine Begeisterung für die Kunst der Fotografie. Seine ersten Fotoaufnahmen soll er im Alter von 12 Jahren mit selbstgebastelten Mitteln gemacht haben. Mit 13 arbeitete er in einem Stahlwerk, parallel jedoch entwickelte er seine Leidenschaft für Fotoaufnahmen und wurde mit 16 zum Fotojournalisten .
1941 zog Jewgenij in den Krieg und nahm seine Lieblingskameraa Leica mit. Er war Mitglied der Besatzung eines Кriegsschiffes der sowjetischen Nordflotte, wurde Augenzeuge der Befreiung von Sewastopol und Kertsch, legte dann mit den sowjetischen Truppen den Weg von Brest und Minsk über Rumänien, Ungarn und Österreich bis nach Deutschland zurück. Seine Professionalität, gepaart mit seinen menschlichen Eigenschaften — Mut und Bereitschaft zum Risiko — machten ihn zum herausragenden Kriegsfotografen.
Seine berühmteste Aufnahme — das Hissen der roten Flagge auf dem Berliner Reichstag im Mai 1945 — ist nicht nur in meinem Land zur Ikone und zum Symbol des Sieges über das Nazi-Regime geworden. Die Bilder von Chaldej wurden zu Klassikern der Kriegsberichterstattung. Sie zeigten den Krieg von Anfang an im Jahre 1941 bis zum Zeitpunkt, wo in Nürnberg über die Nazi-Verbrecher das gerechte Urteil gesprochen wurde. Seine Fotoaufnahmen erlangten verdiente Weltberühmtheit und landeten in Unmengen von Lehrbüchern und Fachlexikonen.
Zu den Werken von Chaldej gehören wertvolle weltbekannte Aufnahmen — von der Kapitulationsunterzeichnung und der Potsdamer Konferenz über die Zerschlagung der japanischen Streitkräfte im Fernen Osten bis hin zu den Nürnberger Prozessen und vieles mehr.
Das Talent und die Begabung eines Meisters bestehen nicht nur darin, den richtigen Augenblick und die tadellose Komposition zu spüren, sondern auch in der emotionalen Nachricht, die er durch die Darstellung der Szene vermittelt. Die Dynamik, Gesichtsausdrücke, Körperstellungen — alles soll dazu beitragen, das Geschehen samt persönlichen Eindrücken weiterzugeben.
Augenzeugen und Teilnehmer des Zweiten Weltkrieges berichten, dass sie erlebte Kriegsszenen und damit verbundene Bilder des Schreckens niemals vergessen würden. Durch seine Fotoarbeit machte Chaldej es möglich, dass die ganze Welt von diesen Schrecken realitätsnah erfährt.
Die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges gehören zwar der Vergangenheit an. Aber es ist unsere heilige Pflicht sowie die Pflicht unserer Nachkommen, die damaligen tragischen Geschehnisse zu bewahren. Das Leiden von Millionen, die in nazistischen Folterkammern zu Tode gequält, hingerichtet wurden, vor Hunger, Krankheiten, körperlicher und psychischer Erschöpfung gestorben und auf Schlachtfeldern des Krieges gefallen sind, dürfen auf gar keinen Fall vergessen werden. Gerade darin besteht die zuverlässigste Gewähr der Nichtwiederholung des Grauens, das die Menschheit im Zweiten Weltkrieg erschüttert hatte.
Gerade in diesem Jahr, wenn sich der Tag des Überfalls von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion zum 80.Mal jährt, fühlen wir uns besonders verpflichtet, die ganze Welt aufs Neue wiederum daran zu erinnern, wer den entscheidenden Beitrag zur Befreiung der Menschheit von der braunen Pest geleistet hat. Es waren 27 Millionen Sowjetmenschen, die für die Befreiung vom Nazismus ihr Leben geopfert haben. Dieser hohe Blutzoll, den sie gezahlt haben, darf niemals vergessen werden.
Die heutige Ausstellung gebührt dem Anspruch, die Erinnerungskultur zu pflegen und zu schützen. Das ist von besonderer Bedeutung gerade in der jetzigen Zeit, wenn Versuche unternommen werden, diese Erinnerungskultur in Frage zu stellen und die Geschichte neuzuschreiben.
An dieser Stelle ist mir wichtig Danke zu sagen. Mein Dank gilt insbesondere den Veranstaltern der Ausstellung, den Verantwortlichen der Stadt Nürnberg, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Memoriums Nürnberger Prozesse, allen, die zur Ausgestaltung der Sammlung sowie Vorbereitung der Eröffnungszeremonie beigetragen haben. Und natürlich dem Russischen Staatsarchiv für Kino- und Fotodokumente, das freundlicherweise die einzigartigen Fotografien für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat.
Den Organisatoren und den Besuchern der Ausstellung wünsche ich von ganzem Herzen gute Gesundheit, Glück und Wohlergehen.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.